Eine kurzfristig geplante und ebenso durchgeführte Rundreise in Schottland bringt aufregende und neue Erkenntnisse aus der Whiskywelt. Heute: Clynelish/Brora
Wenn man von Aberdeen aus weiter nach Norden möchte, muss man erstmal man an der Nordost-Küste Schottlands von Banff über Elgin und Nairn vorbei an Inverness, bevor man sich der A9 anvertraut, die dem Meer entlang nach Norden führt und schließlich in Scrabster endet.
Etwa auf der Hälfte der Strecke liegt der Ort Brora an der Mündung des gleichnamigen Flusses. Dort, gleich neben der Mündung gibt es den für jeden Ort in Schottland obligatorischen Golfplatz, auf dem man schon mal mit eher außergewöhnlichen Hindernissen rechnen muss, wie z.B. einer Gruppe echter Highland Coos, die sich von Golfern nicht in ihrer Ruhe stören lassen.
Gleich nach dem Ort findet sich eine Pilgerstätte für Whiskyfreunde, die Clynelish Destillery. Sie wurde 1819 vom Marquis of Stafford gegründet, um der damals üblichen Schwarzbrennerei mit einer lizensierten Destillerie den Kampf anzusagen. Leider fand das Ganze mehr oder weniger auf dem Rücken seiner Farmer statt. Die Idee war nicht schlecht und ihrer Zeit weit voraus. Eine Art Kreislaufwirtschaft sollte es sein, bei der die in der Nähe abgebaute Kohle zum Beheizen der Brennkessel verwendet werden sollte, die ausgelaugte Maische dann als Tierfutter diente und der letztendlich anfallende Schweinemist wieder als Dünger auf den Getreidefeldern landete. Allerdings zwang er seine Crofter, also die Bauern, die Land von ihm gepachtet hatten, in der Destiillerie mitzuarbeiten und war in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich. Wie oft in der Geschichte gab es also eine gute Idee, die schlecht umgesetzt wurde.
Der Erfolg der Clynelish Destillery war aber legendär. Anfangs nur in der Umgebung an private Kunden verkauft, wuchs der Ruf dieses Whiskys weit über die Landesgrenzen hinaus, und Händler und Blender gaben sich bei Clynelish die Türklinke in die Hand. Unter ihnen auch John Walker und sein Sohn Alexander, später abgelöst von George Paterson und Alexander Walker II. Damit war der Grundstein gelegt für den „Striding Man“.
Um den immer weiter steigenden Bedarf zu decken, wurde 1967 eine zweite Destillery gleich nebenan gebaut. Mit 6 PotStills sollte ihre Kapazität für eine Weile ausreichen. Allerdings musste sichergestellt sein, dass die Qualität und der Brennereicharakter absolut identisch mit der alten Destillery war, bevor diese geschlossen werden sollte. Als dieses Ziel erreicht schien wurde die alte Destillerie geschlossen – aber nur für ein paar Monate. Der Bedarf an mittelstark getorften Whisky war da, und die noch nicht komplett eingemottete ursprüngliche Brennerei wiedereröffnet. Als Namen waren Clynelish A und Clynelish B vorgesehen, eine Absicht, die von den zuständigen Stellen nicht akzeptiert wurde. Als Lösung wurde die alte, ursprüngliche Clynelish Brennerei in Brora Distillery umbenannt und blieb bis 1983 in Betrieb. Der Rest ist – zumindest für Whiskyfreunde – wohlbekannt. Die Nachfrage und damit auch die Preise für Brora-Abfüllungen stiegen nach der Schließung trotz anhaltender Rezension in der Whiskybranche in schwindelnde Höhen und die heute nur noch selten am Markt auftauchenden Brora-Whiskys werden wie Juwelen gehandelt.
Clynelish ist heute eine der vier Säulen (neben Cardhu, Glenkinchie und Caol Ila), die vor allem die 18jährige Johnnie Walker bzw. auch die Gold Label Abfüllung tragen. Der imposante Striding Man vor dem Eingang in den Shop zeugt davon.
Gleich neben dem Striding Man, im Schatten eines mächtigen Baumes, steht die Bronzestatue einer schottischen Wildkatze. Sie gilt als nahezu ausgestorben, wurde allerdings gelegentlich in dieser Gegend gesichtet. Durch ein intensives Zuchtprogramm soll die Population nun wieder ansteigen. Eine lokale Künstlerin hat diese scheue Raubkatze mit den eindrucksvollen Tigerstreifen am Rücken nachgebildet. Sie ist auch ein unverzichtbarer Bestandteil eines jeden Etiketts einer Clynelish Whiskyflasche.
Im ersten Stock über dem Shop befindet sich die gute bestückte Bar. Nicht nur Whisky aller zum Konzern gehörenden Destillerien kann hier verkostet werden, es gibt auch ganz spezielle „destillery-only“ Abfüllungen. Diese wechseln ständig, es sind aber immer ganz besondere Fässer, die hier angeboten werden. Als Reisender hat man die Qual der Wahl, zu viele ausgezeichnete Single Malts stehen bereit. Während man die Abfüllungen genießt, hat man einen wunderbaren Ausblick über die umliegenden grünen Wiesen (übrigens, die Bedeutung des gälischen Wortes Clynelish ist grüne Weide) bis zum tiefblauen Meer, das hier den Horizont im Osten begrenzt.
Die freundlichen Damen in der Bar geben jede nur erdenkliche Auskunft über Clynelish, die Abfüllungen und Geschichten rund um die Produktion, halten sich jedoch etwas bedeckt, wenn die Fragen auf die benachbarte Brora Destillerie kommen. Wie das halt manchmal so ist in einer Familie 😉
Immerhin sieht man von der Terrasse der Bar auch zur alten Brora Destillerie hinüber, die seit kurzem wieder produziert. Der Konzern hatte sich vor einigen Jahren dazu entschlossen, hier zu renovieren, auszubauen und die Technik ein wenig zu erneuern. So richtig besichtigen darf man die Brennerei noch nicht, aber es gibt einen holprigen Feldweg rund um das Gelände, das einige Blicke auf die alten und neuen Gebäude erlaubt.
Während des letzten Clubabends hatten die anwesenden Mitglieder die Gelegenheit eine mitgebrachte Einzelfass-Abfüllung mit 48% zu verkosten und sie waren sich in der Beurteilung einig: das frisch-fruchtige Aroma verbleibt nicht nur in der Nase, sondern setzt sich auch am Gaumen fort und wird dort ergänzt durch komplexe Vanillecreme-Birne-Apfel Noten, die sich relativ lange, weich und voll im Abgang halten. Mehr davon!
Danke Manfred!
So geht Whisky, einfach perfekt!
Thumbs up for the drams and the guys at the destillerie!
Wir sind schon auf die nächste Abfüllung gespannt – ein Sommer zum Genießen