Special Feature: Glengoyne „All in“

Beim Pokern heißt es “all in” wenn man bereit ist für sein Blatt alles zu geben. Passen dann auch noch die Karten hat, ist man weit vorne.  Glengoyne hat hoch gepokert und das Spiel  – zumindest unserer Meinung nach – bereits gewonnen.

Die Diskussion darüber ob Glengoyne die nördlichste Lowland-Destillerie oder die südlichste Highland-Destillerie ist, wurde ja schon vor einiger Zeit zugunsten der Highlands entschieden.  Als die Edrington Group die Destillerie an das Abfüll- und Blend-Unternehmen Ian McLeod im Jahr 2003 verkaufte, wollten die neuen Eigentümer natürlich wissen was sie da für ihr Geld bekommen.  Jetzt etwa 10 Jahre nach der Übernahme war es an der Zeit etwas Neues zu probieren. Fast 18 Monate Entwicklungszeit wurden investiert, um eine neue Produktlinie zu entwerfen.  Nun ist das Ergebnis da.

Glengoyne ist eine relativ kleine Brennerei. Mit einer Jahresproduktion von nur etwa 800.000 l (im Vergleich Glenfiddich produziert etwa 9 Mio. Liter im Jahr), muss man Besonderes bieten, um am heiß umkämpften Markt bestehen zu können. So gehen nur etwa 70% Produktion in die Blendindustrie,  der unüblich große Rest verbleibt für die eigenen Single Malts.

Die Auswahl der Rohstoffe (die Gerstenmischung besteht zu 70% Golden Promise und 30% Optic) erlaubt es nicht nur, dafür ausschließlich schottisches Material  zu verwenden, sondern ergibt auch eine etwas süßere Maische. Das wirkt sich letztendlich in der Qualität des Destillates aus.

Glengoyne wirbt u.a. damit, die langsamste Destillerie in ganz Schottland zu sein. Statt computergesteuerter Prozesse gibt es viel Handarbeit. Daher wird auch nur 5 Tage die Woche destilliert und das Wochenende für die Gärung des „Bieres“ verwendet. Ein Destillationsvorgang dauert mit 7-8 Stunden etwa um 40% länger als in vergleichbaren Destillerien. Dadurch wird das Destillat fruchtiger, öliger und letztendlich aromareicher. Bei der Fassauswahl wird nun vollständig auf Ex-Sherryfässer (meist Oloroso) gesetzt, wobei der Großteil davon aus europäischer Eiche gefertigt wird und etwa ein Drittel aus amerikanischer Eiche stammt.

Nach der Premiere in London und der Vorstellung in Frankreich ist Österreich jetzt das dritte Land in dem die neuen Abfüllungen präsentiert wurden. Ein Spezialtasting im Rahmen der PotStill-Jubiläumsfeiern gestern Abend mit Antony McCallum-Caron, dem Rare Malt Manager von Ian McLeod, gab uns einen Einblick.

Glengoyne 10y: zu 100% in Sherryfässern gereift, der erste Eindruck mit der Nase ist würzig, fast wie eine Fleischsuppe, aber am Gaumen kommt sofort die frische Fruchtigkeit durch. Der ölige Abgang hinterlässt eine leichte Süße. Mit 40% der perfekte Einsteiger.

Glengoyne 12y: der einzige Single Malt, der noch einen Ex-Bourbonfassanteil von 15% enthält, um einen etwas deutlicheren Unterschied zum nur 2 Jahre jüngeren Bruder zu zeigen.  Der Duft von reifen Äpfeln wird durch etwas Vanille im Geschmack gut ergänzt. Die Abfüllung hat 43% und hinterlässt einen langen kräftigen Abgang.

Glengoyne Cask Strength:  „all natural“, d.h. jeder Batch, der aus etwa 20 Barrels besteht, kann leichte Unterschiede in Farbe und Alkoholgehalt aufweisen. Diese Edition jetzt hat nach einer Reifezeit von 10-12 Jahren durchschnittlich 58.7% mitgebracht. Das übliche Mischungsverhältnis  besteht ja aus 25% First-Fill Fässern, der Rest kommt aus Re-Fill Sherry-Butts.  Etwas süßer als die alte Version, erinnert diese Abfüllung an einen gehaltvollen Früchtekuchen.

Glengoyne 15y: hier wurde das übliche Verhältnis zugunsten der First-Fill Fässer verschoben,  mit 50:50 kommen deutlich mehr holzige Aromen durch und am Ende überwiegt die Schokolade. 43%

Glengoyne 18y: diese Abfüllung ersetzt den bisherigen 17jährigen. Im direkten Vergleich erkennt man sofort die größere Kraft: sanfter, runder, aromatischer und ein sehr langer Abgang begeistern sofort. Hier wurden 17-, 18- und 19jährige Fässer ausgewählt – ein würdiger Nachfolger mit 43%.

Glengoyne 21y: die verwendeten Fässer waren 21-26 Jahre lang im Lager und haben dieser Abfüllung eine dunkle Bernsteinfarbe mitgegeben. Das Aroma ist hochkomplex und kann am besten mit „Weihnachten“  umschrieben werden 🙂

PotStill Edition Glengoyne 15y Blaufränkisch Finish – Franz Weniger:  dieser renomierte Weinbauer hat schon andere Destillerien mit seinen Fässern beliefert.  Der 15jährige Glengoyne hat nach Abschluß seiner Reifung noch ein zusätzliches Jahr in diesem Rotweinfass verbracht und zeigt als Ergebnis eine Farbe die leicht ins Rotgold geht, hat dazu einen vollen Körper und ein wunderschönes Trockenfrüchtearoma. Da Glengoyne seine internen Richtlinien geändert hat, wird das die endgültig letzte Version eines Single Malts mit Finish sein. Also sollten Liebhaber dieser Stilrichtung jetzt noch schnell zugreifen…

Alles in allem: der Umstieg ist nicht nur gelungen, sondern eine echte Bereicherung der Highland-Whiskyszene. Insbesondere der 10jährige und der 18jährige werden in unseren Whiskyseminaren weiterhin eine wichtige Rolle spielen.