Geschichten aus der Whiskywelt – Thomas Gillespie in Graz beim IWCA

Wie laufen Übernahmen von Destillerien in der Whiskybranche ab? Was kostet bei der Whiskyproduktion wirklich viel Geld? Wie kommen unabhängige Abfüller zu ihren Fässern?

Eine Präsentation von Abfüllungen der Lindores Abbey Destillerie, von Islay Single Malts aus der Mac-Talla Serie, sowie von Einzelfassabfüllungen von Cooley(!), Ballindalloch und Bunnahabhain – all das war der Anlass für den Besuch von Thomas Gillespie beim Islay Whisky Chapter in Graz und brachte Antworten auf die eingangs gestellten Fragen.

Um es gleich vorweg zu nehmen, Thomas Gillespie ist ein echter „Storyteller“, wie es nur wenige gibt. Seine Vergangenheit in der Finanzbranche, die Destilleriepläne finanzieren sollte, seine engen Kontakte zu Herstellern, Whiskyfamilien, Brokern, unabhängigen Abfüllern und Händlern bieten ein fast unerschöpfliches Reservoir an Anekdoten, aber auch Fakten aus der Geschichte der Whiskyproduktion in Schottland.

Lindores Abbey, die spirituelle Heimat der gleichnamigen Destillerie, die erst 2017 gegründet wurde, durchlief ein wechselhaftes Schicksal. Die allerersten offiziellen Aufzeichnungen zur Produktion von Whisky stammen von dort. Ein Mönch, Friar John Cor, erhielt 1494 von König James IV die Erlaubnis – auf heutige Maße umgerechnet – fast 9 Tonnen Gerstenmalz zu Alkohol zu destillieren. Sicherlich war nicht alles davon für den Genuss, sondern vor allem auch für medizinische Zwecke bestimmt, aber die erste offizielle Destillerie in Schottland war damit geboren.

Ein paar Jahrzehnte später hatte ein religiöser Eiferer, John Knox, selbsternannter Reformator, Mitbegründer der Presbyterianer und letztlich einer der Gründer der Church of Scotland, nichts besseres zu tun, als seine anders-christlichen Konkurrenten der Lindores Abbey als Ketzer zu vertreiben, die Abtei komplett niederzubrennen und darauf auch noch stolz zu sein, wie man auf der Webseite der Destillerie heute nachlesen kann.

Die beiden Abfüllungen, die wir verkosten, zeigen das breite Spektrum an Aromen, die Lindores Distillery zu bieten hat:

Lindores Abbey Thiron 2024, ein Whisky, der in exBourbonfässern, exRotweinfässern und vor allem in Virgin-Fässern aus französische Eiche der Region Thiron reifen durfte, wurde mit 49.4% abgefüllt und bildet trotz seiner kräftigen Struktur einen perfekten Einstieg in die Verkostung.

Lindores Abbey Friar John Cor Chapter II, gereift in exBourbon Barrels, in speziell ausgekratzten und ausgekohlen Rotweinfässern (STR), sowie in Fässern, die ehemals rauchig-torfigen Whisky enthielten ist – nicht zuletzt wegen seiner Fassstärke von 60.9% eine echte Aroma-Bombe.

Fast unnötig zu erwähnen, dass beide Abfüllungen, wie auch alle weiter unten angeführten Verkostungsproben, weder kühlfiltriert noch gefärbt wurden.

Eine Einzelfassabfüllung der irischen Cooley Destillerie sieht und schmeckt man nicht alle Tage. Der Produktionsprozess und die fixe Auslastung für die Herstellung von New Make für andere Marken, machen es fast unmöglich so eine Abfüllung zu bekommen. Cooley gehört zum Suntory Konzern und mit diesem war und ist die Familie Morrison seit langer Zeit verbunden. Es sind die persönlichen Beziehungen zwischen Thomas Gillespie und der Familie Morrison, die solch eine Einzelfassabfüllung letztendlich ermöglicht haben.

Cooley 2008, Einzelfassabüllung 15y, 51.1% gereift in einem First-Fill exBourbon Cask. Dieser Whisky wurde im Gegensatz zu den meisten irischen Whiskeys nur 2x destilliert und hat einen kräftigen getreidigen, malzigen und fast schottischen Charakter. Eine außergewöhnliche und seltene Geschmackserfahrung.

Das Ballindalloch Estate ist seit mehr als 500 Jahren bereits in Besitz der Familie McPherson-Grant, die ihrerseits eine entfernte Verwandtschaft mit dem britischen Königshaus aufweist. Die Größe des Estates erlaubt es, die benötigte Gerste dort selbst anzubauen, sowie die Destillation und Lagerung des Whiskys innerhalb des Anwesens durchzuführen. Errichtet wurde die Destillerie im Jahr 2015, und der finanzielle Hintergrund ermöglichte es der Familie, auf die sonst üblichen Geldbeschaffungsaktionen, wie Gin-Produktion, Raw-Spirit Verkauf oder frühe Finishes von jungem Whisky komplett zu verzichten. Man hat es nicht eilig und Qualität steht über allem.

Thomas Gillespie ist es durch seine persönlichen Kontakte gelungen ein Fass aus dem Jahr 2016 exklusiv für Österreich zu erwerben.

Ballindalloch 2016, 8 Jahre, Einzelfassabfüllung, First-Fill Bourbon Cask, 61.8% – entweder man gibt diesem Whisky mindestens eine halbe Stunde Zeit, sich im Glas zu entfalten, oder man setzt ein paar Tropfen Wasser zu. Das Ergebnis ist das gleiche und es zahlt sich aus: eine Fülle von Fruchtaromen, vanilliger Süße und ein endlos langes Finish belohnen die Geduld.

Morrison ist seit Jahrzehnten einer der bekanntesten Namen in der schottischen Whiskywelt. In den 1960er Jahren erwarben sie die Basis für ihr langjähriges Hauptgeschäft: 

Da die ursprünglich geplante Übernahme der Chivas-Gruppe an der finanziellen Übermacht eines Mitbewerbers scheiterte und gleichzeitig die zumindest theoretische Verfügbarkeit einer der ältesten Brennereien Schottlands bekannt wurde, disponierte Morrison rasch um. Während eines Abendessens mit der Witwe des bisherigen Eigentümers, wurde der Deal abgeschlossen und Morrison war der neue Eigentümer der Bowmore Destillerie auf Islay. Unter der Führung der Morrisons wurden übrigens auch die heute legendären Black Bowmore Abfüllungen geschaffen. Mit dem späteren Verkauf von Bowmore an die befreundete Suntory Destillerie in Japan, ging Morrison die Verpflichtung ein, sich für einige Zeit aus dem Whiskygeschäft zurückzuziehen, um die Marke Bowmore-Suntory neu zu etablieren. Nach Ablauf dieser Frist kehrte Morrison aber zurück in die Whiskywelt. Mit eigener Destillerie und neuen eigenen Marken, wie z.B. Mac-Talla. 

Unter diesem Namen werden Single Malt Whiskys von unterschiedlichen Islay Destillerien abgefüllt. Während die Namen der jeweiligen Destillerien nicht genannt werden, sind die Aromen so vielfältig wie das Wetter auf Islay – es gibt einfach alles.

Mac-Talla Flora, 48.2%, gereift in 30% exBourbon Barrels und 70% exSherry Hogsheads. Ein perfekter Einsteiger, leicht und elegant mit Aromen von Beerenfrüchten und einem intensiven Finish

Mac-Talla Strata, 15y, 46% gereift in First-Fill exBourbon Barrels. Trotz etwas weniger Alkohol noch intensiver als der Flora, die längere Reifezeit macht sich deutlich bemerkbar.

Mac-Talla Oloroso – Limited Edition 54.8%, gereift für 7 Jahre in 75% First-Fill und 25% re-fill Oloroso-Fässern. Eine schöne Sherry-Abfüllung, und wir haben da eine Vermutung zur Destillerie, die wir aber natürlich nicht öffentlich äußern. Wie bei jeder limitierten Edition gilt – was weg ist, ist weg und kommt nicht wieder. Die vorherige Limited Edition war ein Whisky aus französischen Rotweinfässern, wer weiß, was die nächste ein wird.

Das Fass-Management ist lt. Thomas Gillespie das Kernthema in jeder Destillerie und auch mit Abstand der größte Kostenfaktor. Wer nicht schon vor Jahren einen langfristigen Vertrag mit einer Bourbon-Brennerei oder einer Sherry-Bodega abgeschlossen hat, oder nicht zu einem Konzern gehört, der solche Quellen schon intern hat, ist auf Dauer nicht überlebensfähig. Qualitativ hochwertige exBourbon oder gar exSherryfässer sind am freien Markt nicht mehr verfügbar.

Die vielen neuen – eher kleinen – Brennereien, die in den letzten Jahren beinahe im Wochenrhythmus entstehen, haben damit wirklich ein Problem und weichen daher oft auf sogenannte Virgin Oak Barrels oder eher exotische Fasstypen, wie Tequila oder seltene Weine, aus. Allein damit lässt sich aber kein langjähriges Fasskonzept umsetzen.

Überhaupt zeichnet Thoms Gillespie ein eher düsteres Bild für die Zukunft der Whiskybranche. Während der Absatz in den letzten beiden Jahren weltweit um bis zu 30% eingebrochen ist, wird von den Konzernen unbeirrt mit voller Kraft produziert. Daneben kaufen die Großen die Kleinen auf, oft nur, um sie gleich zuzusperren. Das Ende ist absehbar und wird in einer größeren Marktbereinigung gipfeln.

Es gibt Broker, die mit einzelnen Fässern handeln und damit oft ausgleichend wirken, indem sie mit ihren Geschäften die Unterschiede zwischen Angeboten der Destillerien und der Nachfrage des Endkundenmarktes ausgleichen. Unabhängige Abfüller profitieren davon, da sie damit zu einer Vielfalt unterschiedlicher Fässern kommen. Aber auch hier macht sich die Krise bemerkbar:

In guten Zeiten bieten Destillerien nur Fässer an, die sie selbst nicht brauchen können -also oft nicht die besten, denn das gute Zeug verkauft sich ohnehin von selbst. Wenn jetzt vermehrt auch sehr gute Fässer die Broker und Abfüller erreichen, freut das uns als Genießer, ist aber ein Alarmzeichen, dass Destillerien insgesamt Absatzprobleme haben.

Besonders gute, große und bekannte unabhängie Abfüller bekamen immer schon unf bekommen auch weiterhin meist die sehr guten Fässer. Einer davon verbirgt sich hinter dem Namen „Maltman“, es ist Donald Hart, einer der Gründer der Hart Brothers, die um die Jahrtausendwende bereits Einzelfass-Abfüllungen mit Kultstatus auf den Markt brachten.

Bunnahabhain ist eine Destillerie, die für ihre großartigen malzigen und schweren, fast öligen, Whiskys bekannt ist. Normalerweise sind diese komplett ungetorft. Mit der Übernahme in die Distell-Group benötigte man in der Gruppe auch torfigen Whisky, in erster Linie für die eigenen Blends (Black Bottle, Scottish Leader etc.). Daher produziert Bunnahabhain unter dem Namen Moine seit mehr als 10 Jahren bereits gelegentlich auch rauchigen Whisky, wie es die meisten anderen Islay Destillerien ständig tun.

Die letzte Abfüllung des Abends ist daher ein Bunnahabhain Moine, The Maltman, 12y, 53.1%, gereift in re-fill exBourbon Hogsheads. Hier trifft leichtfüssiger Torfrauch auf die volle Wucht eines mächtigen malzbetonten Whiskys. Wir sind froh, die letzten paar Flaschen dieser Abfüllung ergattert haben zu können. 

Ein toller Abend, ein langer Abend – wir haben unseren Zeitplan um mehr als 90 Minuten überzogen und es wurde für niemandem zu lange oder zu viel. Im Gegenteil, wir alle hätten den Geschichten von Thomas Gillespie noch viel länger zuhören können.

Alle besprochenen Abfüllungen gibt es natürlich auch bei uns im Webshop zu erwerben.

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