von Isabella und Christian Lang

Beginnen möchten wir mit den Neuigkeiten aus Edinburgh. Bereits zum 2. Mal besuchten wir die „Holyrood Distillery“. 2022 konnten wir nur den New Make verkosten, weil die Brennerei erst 2019 gegründet wurde. Sie liegt übrigens unterhalb des Arthur’s Seat und ist gut zu Fuß von der Royal Mile aus erreichbar. Diesmal machten wir eine Tour durch die kleine Destillerie und erfuhren dabei, dass bei der Herstellung der Whiskys mit verschiedenen Hefen experimentiert wird, und dass auch verschiedene Malzsorten zur Anwendung kommen.

Verkosten konnten wir danach den „Ambir“ (49,8%, gereift zu ca. 90% in verschiedenen Bourbonfässern, zu ca. 10% in verschiedenen Sherryfässern), den „Pitch“ (49,4%, Oloroso Hogsheads) und eine Single Cask Abfüllung (63,3%, American Oloroso Hogshead). Alle drei Whiskys schmeckten uns trotz ihres jungen Alters wirklich gut und lassen auf mindestens ebenso gute (oder hoffentlich noch bessere ☺️) Ältere hoffen.
Seit 2023 gibt es eine zweite Destillerie in Edinburgh, genauer gesagt am Hafen, direkt neben der Royal Yacht „Britannia“ und sie heißt demnach nicht verwunderlich „Port of Leith Distillery“. Ob ihrer Höhe von 42 Metern ist sie nicht zu übersehen. Geschuldet ist ihre Konstruktion nur einem Grund, dem Platzmangel. Dafür gibt es im 8. Stock ein Restaurant mit Bar und ganz toller Aussicht auf den Hafen und das Meer. Auch das Aussehen der Potstills, die wir bei einer Tour sehen konnten, ist ungewöhnlich, sind sie doch nicht kupfer glänzend sondern matt. Die einfache Erklärung dafür: die salzhältige Meeresluft würde sie ohnehin früher oder später matt werden lassen. Zum Verkosten gab es zwei verschiedene New Makes. Gereift werden diese in verschiedenen Bourbon-, Sherry- und Weinfässern. Wir sind gespannt auf das Ergebnis!


Weiter ging unsere Reise im Mietauto über die verschiedensten Destillerien (samt Touren und Tastings), Sehenswürdigkeiten und Naturschönheiten wie „Glenkinchie“, „Falkirk Wheel“, „Glengoyne“ mit Übernachtung in Drymen nahe Loch Lomond, „Drummond Castle Gardens“, „Glenturret“, „Dewar’s Aberfeldy“ mit Übernachtung in Aberfeldy, „Queen’s View“ (Loch Tummel), „Blair Castle and Gardens“ und „Blair Athol“ mit Übernachtung in Pitlochry, „House of Bruar“ (ein bisserl Shoppen muss sein!) und zu guter Letzt „Dalwhinnie“ bis nach Ullapool. Von dort aus brachte uns eine Fähre mit einer Fahrzeit von 2 Stunden und 40 Minuten rund 60km in den Westen nach Stornoway, der Hauptstadt der Äußeren Hebriden.

Mit rund 5600 Einwohner ist sie auch die einzige Stadt auf den Inseln. Es gibt nette Läden mit lokalen Produkten, allen voran natürlich der berühmte Harris-Tweed. Restaurants und Pubs bieten sehr schmackhaftes Essen (Seafood!). Der Yachthafen liegt idyllisch in der Bucht, vis à vis befindet sich das „Lews Castle“ samt Museum über die Geschichte von Lewis, Park und Wald. Südlich davon wurde 2024 der neue „Deep Water“-Terminal eröffnet, der großen Kreuzfahrtschiffen das Anlegen ermöglicht.


Eine nahe Stornoway Geborene war übrigens die Mutter von Donald Trump, Mary Anne McLeod Trump, die, aus ärmlichen Verhältnissen stammend, 1930 nach New York auswanderte.
Insgesamt leben etwa 24.500 Menschen auf 12 verschiedenen Inseln, natürlich gibt es auch etliche unbewohnte. Die Inseln erstrecken sich von Nord nach Süd auf einer Länge von rund 210km, von denen wir gut ¾ abgefahren sind.
Die Inseln waren anfangs von den Kelten, dann ab dem 9. Jahrhundert von den Wikingern bewohnt. Diese mussten sie im 13. Jahrhundert an die Schotten zurückgeben. Es wird heute noch von Teilen der Bevölkerung Gälisch gesprochen. Ihr schottischer Dialekt war für uns kaum verständlich, aber mit Touristen sprechen sie netterweise ein gepflegteres Englisch.
Neben der wunderschönen Natur gibt es einiges Kulturelles und Historisches anzusehen, wie Euch die folgenden Bilder zeigen werden.


Die „Lews Castle Grounds“ in Stornoway laden zum Spazieren durch das Parkgelände ein, von dem aus man den Hafen überblickt.


Das Arnol Blackhouse an der Westküste von Lewis samt Torffeuer im Innenbereich: Häuser wie dieses, ohne Fenster und Kamin, dienten über Jahrhunderte Mensch (den sog. „croftern“, also Kleinbauern) und Tier als Wohnstätte. Sie wurden erst in den 1920er Jahren von Häusern mit Fenster und Kamin abgelöst.
Es gibt auf Lewis auch noch ein komplett erhaltenes Dorf, das „Gearrannan Blackhouse Village“, das sogar bis in die 1970er Jahre bewohnt war und nun als Museum dient. Hier kann man u.a. einem Tweed-Weber, dessen Webstuhl aus 1912 (einer der ersten auf der Insel!) stammt, bei der Arbeit zusehen.



Diese ist sehr kompliziert und es braucht Ausdauer und Genauigkeit, um die schönen Stoffe herstellen zu können. Es gibt auf den Inseln verteilt auch einige sogenannte „weaving sheds“ (kleine Hütten am Wegesrand oder in Ortschaften), wo sich überall die hübschesten Souvenirs aus Harris-Tweed, wie Schals, Ponchos, Zierpölster, Kappen und Taschen in allen Größen und Formen und natürlich meterweise schönster Stoff (Achtung: teuer!) kaufen lassen.

Auf Lewis gibt es an der Westküste bei Callanish einige Steinkreise zu sehen, die „Calanais Standing Stones“. Sie wurden in den 1980ern ausgegraben, sind rund 5000 Jahre alt (Neolithikum) und haben rituellen Aktivitäten gedient.
Nach so viel Kultur ist es endlich Zeit für den ersten „Insel – Whisky“, er stammt natürlich auch von der Insel Lewis. Gebrannt wurde er in der „Abhainn Dearg Distillery“ ausgesprochen: „aveen dscharräk“, heißt übersetzt „roter Fluss“, nach ihrer Wasserquelle benannt), gegründet 2008 von Mark (Marko) Tayburn. Der erste Single Malt erschien 2011, jetzt gibt es bereits 10-jährige. Es ist eine sogenannte Microdestillerie mit einer Jahreskapazität von rund 20.000l, alle Zutaten sind von der Insel, alle Produktionsschritte werden vor Ort gemäß Markos Motto „from field to bottle“ selbst gemacht!


Nach der sehr langen Fermentation von 7 Tagen (Marko möchte, dass sein Whisky nach überreifen Bananen schmeckt!) und der anschließenden Destillation kommt der New Make zur Reifung in ex-Bourbon American Oak casks und / oder in ex-Sherry-Fässer. Wir konnten mit Marko, der einerseits ein kleiner „Showman“ ist, dem andererseits aber auch die komplett lokale Produktion wirklich ein Anliegen ist, zwei Abfüllungen verkosten: den „Ten Year Old“, gereift im Single Bourbon Fass mit 46%, schmeckte uns dann doch zu sehr nach Banane und den „Cask Strength“, gereift im PX-Fass mit 61%, der uns überzeugen konnte. Die Einfahrt zur Destillerie, die zwar etwas entlegen, aber in toller Landschaft gelegen ist, ziert eine große Holzfigur, eine Replik einer der berühmten 78 „Uig Bay chessmen“. Diese Schachfiguren in romanischem Stil, hergestellt aus Walross- und Walzahnelfenbein, wurden 1831 in einer Kiste am Strand von Uig gefunden. Sie dürften im 12. Jahrhundert aus Norwegen auf die Insel gekommen und dort versteckt worden sein. Heute sind sie u.a. im „British Museum“ (London) und im „Scottish National Museum“(Edinburgh) zu sehen.



Diese „Uig Sands“ haben wir natürlich auch besucht und waren von ihrer riesigen Fläche sehr beeindruckt.



Kurz erwähnen möchten wir hier noch, was man auf den Inseln unbedingt essen muss: fangfrisches Seafood!

Fährt man von Lewis weiter nach Harris, verändert sich die Landschaft insofern, als dass sie bergiger wird und man glaubt, bei uns in den Alpen zu sein. Andererseits sieht man oft auf das Meer hinab, wie auf dem Foto oberhalb, das kurz vor dem Ort Tarbert mit Blick auf die Warehouses der „Isle of Harris Distillery“ aufgenommen wurde. Die Brennerei selbst liegt am Hafen des Ortes Tarbert. Sie wurde 2015 als eine Art Sozialprojekt der Eigentümer gegründet. Diese wollten nämlich Arbeitsplätze für die jungen Leute der Insel schaffen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, hier bleiben zu können. Denn die meisten von ihnen müssen aus Arbeitsmangel in die großen Städte am Festland abwandern. Umso trauriger ist es, dass kurz vor unserem Besuch die halbe Belegschaft (ca. 15 Mitarbeiter) aufgrund wirtschaftlicher Probleme gekündigt werden musste.

Trotz allem wird man im schönen Visitor Centre sehr freundlich empfangen. Die Tour samt Tasting ist sehr nett, vor allem, weil hier zuerst verkostet und dann erst besichtigt wird. Es gab folgende Spirits: ihren New Make (sehr gut!); „The Hearach“ mit 46%, gereift zu 85% in first- fill ex-Bourbon casks und zu 15% in first – fill ex-Oloroso und Fino sherry butts, leicht getorft mit 12-15ppm, Alter wie alle Whiskys der Destillerie 7 – 8 Jahre; „The Hearach Oloroso Cask Matured“ mit 46%, gereift zu 100% in first- fill ex-Oloroso sherry butts, leicht getorft mit 12-15ppm. Beide schmeckten uns richtig gut! Zum Namen des Whiskys ist folgendes zu sagen: die Einwohner der Insel Harris sind die „Hearach“, der Whisky ist also einer von dieser Insel. In diesem Fall stimmt das wirklich, da er nicht nur hier gebrannt wird, sondern auch vor Ort in den Warehouses reift! Noch zu erwähnen ist ihr exzellenter „Isle of Harris Gin“, der als Besonderheit „Sugar Kelp“ (Zuckertang, eine Braunalgenart) enthält und nach Wacholder und Meer schmeckt.


Nun war es wieder Zeit für die wunderschöne Natur der Insel Harris!

„Luskentyre Beach“, einer der bekanntesten Strände auf Harris, empfing uns mit Wellenrauschen und türkisem Farbenspiel.


Die „Aline Community Woodland Walks” sind nett angelegte Wanderwege durch ein kleines Waldgebiet samt Seen.


Harris hat eine wunderschöne Gebirgslandschaft samt Fjord!


Der „Seilebost Beach“ ist einfach nur atemberaubend! Einzig die Schafe zeigen sich unbeeindruckt von seiner Schönheit.

„MacLeods Stone“ liegt idyllisch auf einer kleinen Erhöhung zwischen „Horgabost Beach“ und „Nisabost Beach“ und bietet einen umwerfenden Rundumblick. Er wurde vor ungefähr 4500 Jahren errichtet und später nach dem Clanchef der Hebriden benannt.
Am „Nisabost Beach“ sind die Farben des Meeres am intensivsten und dort gingen einige Menschen (vermutlich Briten…) auch baden.



Um von Harris weiter in den Süden zu gelangen, muss man erneut eine Fähre benutzen. Diese verbindet ab Leverburgh mit ca. einer Stunde Fahrzeit „South Harris“ mit der Insel „Berneray“. Praktischer Weise befindet sich direkt am Fährhafen die „Isle of Harris Brewery“ mit ihren sehr guten Biersorten, Essen und wunderbarem Blick auf das Meer samt kleinen Inseln. Außerdem gibt es einen Eisstand, der Fruchteis auf neuseeländische Art anbietet. So vergeht die Wartezeit auf das Einschiffen wie im Flug!

Viele Inseln auf der südlichen Seite der Äußeren Hebriden sind durch aufgeschüttete Dämme (sog. „causeways“), über die Straßen führen, verbunden. So gelangten wir von „Berneray“ nach „North Uist“, „Grimsay“ und „Benbecula“.

Auf der letztgenannten Insel produziert seit letztem Jahr die gleichnamige „Benbecula Distillery“ Whisky nach einem angeblich 130 Jahre alten Rezept. Gründer und Eigentümer ist Angus MacMillan, er hat mit Brandon McCarron einen namhaften Unterstützer, war dieser doch einst designierter Nachfolger von Dr. Lumsden. Diese Beiden möchten einen maritimen, in Bourbon- und Sherryfässern gereiften, leicht getorften Whisky herstellen. Leider konnten wir die Destillerie, deren Spiritstill (Brennblase) sich wunderschön anzuschauen in einem, einem Leuchtturm nachempfundenen, Glashaus befindet, nicht betreten, da sie bereits geschlossen hatte, als wir an ihr vorbeikamen.
Auf den Inseln wechseln sich Flachland (windig!) sowie hügelige und bergige Landschaften ab.


Unsere Fahrt ging nochmals über einen Damm, der „Benbecula“ mit „South Uist“ verbindet. Wir durchquerten auch diese Insel, bis wir unser Ziel, das „Polochar Inn“ ganz im Südwesten, erreichten.



Dort am Strand entlang gibt es einen Wanderweg, man sieht bis auf die Nachbarinsel „Barra“ und die einzige Lärmquelle sind die „Oystercatcher“ (Austernfischer, eine Vogelart), die im Sand und zwischen den Felsen nach Nahrung für ihre Jungen suchen.


Einen „causeway“ überquerten wir dann doch noch, um auf der kleinen Insel „Eriskay“ das bekannte Strandlokal „Am Politician“ aufzusuchen.


Nach fünf intensiven und traumhaft schönen Tagen haben wir diese Inseln mit ganz vielen Erinnerungen im Gepäck wieder verlassen. Dieses Mal nahmen wir die Südroute, die von Lochboisdale auf „South Uist“ in drei Stunden und 30 Minuten nach Mallaig auf das Festland führt.
Unsere Reise war damit aber noch nicht zu Ende. Wir fuhren von Mallaig weiter nach Oban, besuchten dort natürlich die Destillerie und aßen in unserem Lieblingslokal, dem „EE USK“. Nach dem Besuch des „Arduaine Garden“, südlich von Oban am Loch Melfort gelegen, fuhren wir auf die Halbinsel Kintyre, um Campbeltown und seine Destillerien und Bars (gründlich!) kennenzulernen.
Danach war dann aber wirklich Schluss…für dieses Jahr! Slàinte!
Unnachahmlich und unübertroffen Langs Tour de Force durch Caledonien. Top!!!
Es war ein toller Abend und ein super Vortrag mit entsprechend guter Verpflegung inkl. Kuchen. Die hervorragende Whiskybegleitung war mit der Reise abgestimmt und bei den ansprechenden Fotos bekommt man Fernweh. Danke Isabella und Christian für den wunderschönen Abend
Isabella und Othmar
Eine sehr interessante Reise und ebenso interessanter Reisebericht. Danke für die tollen Beschreibungen und die „spirituelle“ Untermalung