Zugegeben, einige von uns sind Harry Potter Fans. Das macht unseren Ausflug nach Mallaig doppelt interessant. In Fort William verlässt jeden Tag einmal der “Hogwarts Express“ unter gewaltigen Dampfwolken den Bahnhof. Auf seiner knapp zweistündigen Fahrt passiert er das Glenfinnan Viadukt, das in den Filmen über die Zaubererschule immer wieder einmal prominent in Szene gesetzt wird. Als Besucher kann man sich den Schauplatz ansehen, falls man bereit ist, seinen Obulus zu leisten. Neben einem der üblichen Souvenir- und Coffeeshops ist ein gebührenpflichtiger Parkplatz die einzige Möglichkeit, unser Fahrzeug stehen zu lassen. Über einen vorgegebenen Weg kämpfen wir uns durch eine uns entgegenkommende Prozession von etwa einhundert Menschen jeden Alters und jedweder Herkunft. Erst später begreifen wir: die alle wussten ganz genau, wann die Dampflokomotive die mit weiteren Fans gefüllten Waggons über das Viadukt ziehen wird. Wir haben diesen Zeitpunkt knapp versäumt und unsere Bilder zeigen damit nur das Bauwerk ohne dramatische Effekte.
Als an schottischer Geschichte interessierte Menschen wissen wir natürlich um die wahre Bedeutung von Glenfinnan, die mehr als 250 Jahre zurückliegt. Prinz Charles Edward Stuart hatte dort, unterstützt von den Jacobiten, seinen Anspruch auf den schottischen Thron angemeldet. Bonnie Prinz Charlie, wie der in Frankreich aufgewachsene und damit in den Augen vieler Schotten als etwas verweichlicht angesehen, genannt wurde, war mit seiner Initiative allerdings nicht sehr erfolgreich. Das Monument am Ufer des Loch Shiel erinnert seither daran.
Mallaig selbst, als Endstation der Bahnlinie, ist aber auch ein Ausgangspunkt für Fähren auf die Hebrideninsel Skye. Das Fischerdorf selbst profitiert seit vielen Jahren vom Tourismus und bietet eine Reihe von Shops, Restaurants und Cafes an, die auf die bis zur Rückfahrt nur etwa zwei Stunden anwesenden Zugreisenden, perfekt vorbereitet sind. Snacks, Burger oder Seafood, je nachdem wieviel man ausgeben möchte, wird hier angeboten.
Wir entscheiden uns für Fish & Chips und schaffen die Rückfahrt nach Fort William in knapp unter einer Stunde und damit auch die letzte Führung in der Ben Nevis Destillerie. Hier liegt die Jahresproduktion aktuell bei 2.5 Mio Litern Whisky. Die Gerste stammt aus dem Südosten Schottlands, wo das mildere Klima den Ertrag begünstigt. Über 40 Tonnen davon werden in einem Batch gemahlen, mit heißem Wasser ausgewaschen und die Zuckerlösung danach mit Hefe eingemaischt. Der entstandene 17%ige Alkohol wird dann in zwei Durchgängen destilliert und mit 64.5% in ehemalige amerikanische Bourbonfässer abgefüllt. Dort reift er dann zwischen 8 und 12 Jahren zum Whisky.
Ben Nevis gehört zum japanischen Nikka Konzern und liefert daher den Großteil des fertigen Whiskeys nach Japan. Was hier verbleibt wird entweder als Blended Whisky oder als 10 bzw. 12jähriger Single Malt Whisky auf den Markt gebracht. Zwei Monate im Jahr wird getorfter Whisky produziert und im Premium Blend verwendet oder unter dem Namen Coire Leis (das ist auch der Name der Wasserquelle am Ben Nevis, die exklusiv für die Destillerie zur Verfügung steht) in Flaschen abgefüllt.
Wir verkosten die beiden Blends sowie zwei Single Malts und finden den Whisky leicht, fruchtig und etwas süß zu Beginn. Während die Blends einen salzigen Abgang mitbringen, haben die Malts eine Lakritzenote, die man mögen muss.
Es ist noch zu früh, um ins Hotel zurückzukehren, also beschließen wir noch einen Besuch von Neptuns Staircase, einem Schleusensystem, das Boote von Schottlands Westküste kommend über neuen Stufen hoch in den Caledonian Canal hebt. Der Vorgang dauert ca. eineinhalb Stunden, danach werden im gleichen Zeitraum umgekehrt Boote aus dem Osten in den Atlantik abgesenkt. Ein beeindruckendes Beispiel von Ingenieurskunst und Technik. Ein Seglerpaar aus Holland zeigte uns ihre eingespielte und entspannte Erfahrung auf ihrem Katamaran bei der letzen Schleuse.
Es war ein ausgefüllter Tag, und er war gut.