von Isabella und Christian Lang

Nach rund neun Jahren befanden Christian und ich, dass es wieder höchst an der Zeit sei, dem schönen Irland, der grünen Insel oder „the emerald isle“ einen Besuch abzustatten. Mit viel Vorfreude und noch viel mehr Vorhaben bestiegen wir am Dublin Airport den Express Bus in die Stadt, nur um uns dann wieder bewusst zu werden: in Dublins Verkehr existiert das Wort „express“ nicht! Irgendwann schafften wir es doch ins Zentrum, zum Hotel (Premier Inn Temple Bar) und zu einem sehr späten Frühstück. Gestärkt machten wir uns auf den Weg zum Punkt eins auf unserer diesjährigen „To-do“- Liste: der „Roe & Co Distillery“.


Die vom Großkonzern „Diageo“ 2019 eröffnete Brennerei befindet sich im Stadtteil „The Liberties“. Sie trägt einen sehr prominenten Namen, war doch die im 19. Jahrhundert von George Roe betriebene Destillerie einst Irlands größter Whiskeyproduzent. Der heutige Betrieb befindet sich direkt neben dem einstigen 1923 geschlossenen Gebäude, von dem nur noch ein Turm steht. Die jetzige Brennerei von Roe & Co ist übrigens das alte, nun natürlich umgebaute und mit einer sehr stylischen Bar und mit einem ebensolchen Shop ausgestattete Kraftwerk der „Guinness“-Brauerei. Das Personal ist sehr nett und auskunftsfreudig. Bevor wir nun mit der Auflistung der dort in der „Powerhouse Bar“ von uns probierten Whiskeys beginnen, möchten wir euch kurz die zwei wesentlichen Unterschiede zwischen „Scotch Whisky“ und „Irish Whiskey“ und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten für die Iren in Erinnerung rufen:
- Irish Whiskey muss in einem Holzfass, aber nicht ausdrücklich in einem Eichenfass, für mindestens drei Jahre reifen.
- Es gibt drei Arten von „Irish Whiskey“: „Irish Malt Whiskey“, „Irish GrainWhiskey“ (für dessen Erzeugung mittlerweile auch die Iren riesige „Coffey oder Column Stills verwenden …) und „Irish Potstill Whiskey“. Letzterer muss ebenfalls in Kupferbrennblasen destilliert werden (sind meist größer als die für den „Malt“), seine Maische muss allerdings neben mindestens 30% gemälzter Gerste auch mindestens 30% ungemälzte Gerste beinhalten (war als Reaktion auf, die im 18. Jahrhundert von der englischen Krone eingehobene Steuer auf gemälzte Gerste entstanden) und man darf bis zu 5% andere Getreidearten hinzugeben. Diese ungemälzte Gerste verleiht dem Whiskey eine würzige Note und ein cremiges Mundgefühl. Natürlich dürfen alle drei Varianten in einem „Blended Irish Whiskey“ verwendet werden.
Nun wieder zu „Roe & Co“, wo wir zwei Flights verkosteten: den „Roe Flight“ bestehend aus ihrem „Blended Irish Whiskey Roe & Co 106“, dem „Solera Single Malt“ und dem „Flor Single Grain 14YO“. Der „106“ heißt übrigens deshalb so, weil erst der 106. Blendversuch ihres Master Blenders Caroline Martin für diese zufrieden stellend war.
Die dafür verwendeten Whiskeys sind zugekaufte, sog. „sourced whiskeys“, die nach dem Geschmack der jeweiligen Destillerie vermählt werden und als Blended Whiskeys unter dem Namen der Destillerie auf den Markt kommen. In Irland machen das vor allem die jungen Brennereien, um so die Wartezeit auf ihren ersten eigenen Whiskey zu überbrücken. Daneben stellen viele natürlich auch Gin her, um noch mehr Geld zu lukrieren.
Der „Solera Single Malt“ ist der erste selbsthergestellte Whiskey und wird das künftige Markenzeichen für „Roe & Co“ sein. Er ist dreifach destilliert und in verschiedenen Fässern (darunter auch Kastanie!) nach dem Solera-System gereift. Wie das genau funktioniert, erfährt ihr in unserem Whiskey Seminar!
Der zweite Flight, der „Components and Casks Flight“ bestand neben dem „106“ aus seinen beiden Bestandteilen, dem „Single Grain“ und dem „Single Malt“. Allesamt sehr gute Whiskeys, die „Grain Whiskeys“ waren uns eine Spur zu süß.

Nach all diesen Whiskeys brauchten wir unser erstes … richtig! … Guinness. Was für ein Glück, dass sich die Bierbrauerei gleich auf der anderen Straßenseite befand. Genauer gesagt, ihre „Guinness Open Gate Brewery“, mit Innen- und Außenbereich zum Bier verkosten und kleinere Snacks essen. Biersorten gibt es etliche frisch vom Fass, da sie dort immer neue Rezepte ausprobieren und die man praktischerweise als ein „tasting paddle“ mit drei Sorten (ua. „the brewer’s choice special selection“, saisonale und sogar täglich frische Abfüllungen) oder natürlich im großen Glas genießen kann.


Weiter ging es dann wiederum auf der anderen Straßenseite: wir hatten eine Tour samt Tasting bei der, nur ein paar Meter von „Roe & Co“ entfernten, „Pearse Lyons Distillery“ gebucht. Diese befindet sich in der „Old St. James‘ Church“ aus dem 12. Jahrhundert und wurde mit viel Aufwand von Dr. Lyons, der bei Guinness und in Midleton tätig war, dann in die USA ging und nach seiner Rückkehr seinen Traum von einer eigenen Destillerie verwirklichte, restauriert. Sie ging 2017 in Betrieb. Die zwei Brennblasen namens „Mighty Mollie“ und „Little Lizzie“ wurden in den USA gefertigt und sind deshalb in der Art des Destillierens eher amerikanisch als europäisch. Der Whiskey wird darin nicht doppelt, sondern zweieinhalb-fach gebrannt.


Zu verkosten gab es die Blends „Pearse Original 5YO“, „Pearse Distiller’s Choice 7YO“ und den „Ha’Penny Four Cask Irish Whiskey“, sowie den Single Malt „“Pearse Founder’s Choice 12YO“. Sie trafen Christians Geschmack, meinen leider nicht (zu süß).
Zum Abendessen ging es ins nahe gelegene älteste Pub Irlands, dem „The Brazen Head“. Das gibt es seit 1198, es ist urig, aber leider proppenvoll (Instagram-Hotspot) und das Essen war eher unterdurchschnittlich.
Am nächsten Tag holten wir unseren Mietwagen nahe St. Stephen’s Green ab. Unser erstes Ziel war das südlich von Dublin am Fuße der Wicklow Mountains gelegene „Powerscourt Estate and Gardens“. Die Geschichte dieses riesigen Anwesens mit wunderschönen Gärten reicht bis ins 12.Jahrhundert zurück. Im 18.Jahrhundert wurde das sich dort befindliche mittelalterliche Schloss im Auftrag von Lord Powerscourt in ein Herrenhaus umgewandelt. Es ist seit den 1960er Jahren im Besitz der Familie Slazenger. Heute befinden sich u.a. ein Café mit schöner Terrasse und Blick auf den Garten und ein „Avoca“-Shop (vertreibt Produkte wie Gewand aus Schafwolle, Keramik und andere Kunst, Möbel oder Nahrungsmittel, die in Irland erzeugt werden) in den Räumlichkeiten. Der Park ist riesig! Neben dem exakt angelegten italienischen Garten gibt es einen Weg durch Rhododendren, einen japanischen Garten, einen Teich und vieles mehr zu entdecken.


Seit 2017 gibt es eine Destillerie, die „Powerscourt Distillery“ am Gelände. Dem dort gebrannten Whiskey wurde der Name „Fercullen“ gegeben, in Anlehnung an den alten Namen dieser Gegend: „FeraCulann“. „Fer“ bedeutet Mann, „Cullen“ Berg. Dieser Berg ist auch als Symbol der Destillerie am Etikett und auf der Flasche zu finden. Sie produzieren mit lokalen Ressourcen nach dem Motto: „grain – to – glas“. Das Visitor Centre in der ehemaligen, nun aufwendig restaurierten Mühle ist sehr schön und die Bedienung äußerst fachkundig. Dort bekamen wir unsere Drams zum ersten Mal im sehr schönen „Túath“ (tu-ah, altirisch für Familie oder Nation) – Glas kredenzt. Das wurde vor einigen Jahren speziell für irische Whiskeys entwickelt und ist seit 2020 am Markt. Der kegelförmige Fuß (der Insel „Skellig Michael“ nachempfunden) erlaubt es, das Glas hinzulegen. Dadurch sollen sich die Aromen besser entfalten können. Auch aus Marketinggründen ist es natürlich sehr sinnvoll.

Wir mussten selbstverständlich ihren ersten vor Ort gebrannten Whiskey, den „Fercullen Falls Blend“ aus 50% Malt und 50% Grain Whiskey verkosten und es folgten noch der Single Grain „Fercullen 15YO“ mit finish im Madeira Fass, der „Fercullen Single Malt“, der „Fercullen Single Grain“ mit finish im Amarone Fass und der Single Malt „Fercullen 16YO“ in Fassstärke und mit finish im Sizilianischen Marsala Wein Fass. Wir waren sowohl von der Qualität als auch von der Vielfalt der Whiskeys schwer beeindruckt. Leider ist die Destillerie seit einiger Zeit insolvent und sucht neue finanzielle Unterstützung, hoffentlich erfolgreich!

Beschwingt setzten wir unsere Reise fort. Wir besuchten das Glendalough Tal (übersetzt: Tal der zwei Seen) mit dem „Glendalough Monastic Village“, das vom heiligen Kevin im 6.Jahrhundert gegründet wurde. Es gibt hier, wie in den gesamten Wicklows, sehr schöne Spazier- und auch Wanderwege.


Das Abendessen, köstliches Stew mit schmackhaften Bier aus lokaler Produktion nahmen wir auf Empfehlung unseres Vermieters in der Bar des „Lynhams Hotel“ in Laragh ein. Gott sei Dank sind wir dieser gefolgt!
Am nächsten Tag führte uns unsere Reise weiter in den Süden in die älteste Stadt Irlands, nach Waterford. Sie liegt am Fluss „Suir“, der kurz darauf ins Meer mündet. Sie wurde im 10. Jahrhundert von Wikingern aus der Normandie (= Normannen) gegründet und ihr Hafen wurde 1171 zum „Royal Port“ ernannt. Es wurde reger Handel betrieben und ab dem 13.Jahrhundert war Waterford der einzige Hafen im Südosten, der Wein importieren durfte. Heute ist die Stadt vorallem für die Kristallglasmanufaktur („Waterford Crystal“) und ihre Museen bekannt. Die „Waterford Distillery“, gegründet 2015, musste leider Ende 2024 wieder schließen.


Wir entschieden uns dafür, das „Medieval Museum“, ein Teil der „Waterford Treasures“ zu besuchen. Der spektakuläre Neubau wurde auf der zu besichtigenden „Choister’s Hall“ aus dem 13. Jahrhundert und dem „Wine Vault“ aus dem 15. Jahrhundert errichtet. Unter anderem sind hier wunderschöne goldverzierte Kirchengewänder aus dem 15. Jahrhundert zu bestaunen.
Nun ging es hurtig weiter, der nächste Destilleriebesuch, Tour und ein spezielles Tasting, warteten auf uns. Es war keine geringere als die „Midleton Distillery“ nahe Cork, die es zu erkunden galt. Das Auto stellten wir vorsorglich zuvor bei unserer Unterkunft, dem sehr schönen „Talbot Hotel“ in Midleton ab.
Die „Midleton Distillery“ (jetzt im Eigentum von Pernod Ricard), gegründet 1975, ist bei weitem die größte Brennerei Irlands. Sie ist das „neue“ Zuhause von „Jameson Whiskey“, der von 1780 bis 1972 in Dublin’s Bow Street gebrannt wurde und dessen Gründer John Jameson übrigens ein gebürtiger Schotte war. Die Übersiedelung nach Midleton erfolgte aus Platzmangel. In Midleton konnte eine neue größere Brennerei errichtet werden. Die dort bereits Vorhandene aus dem Jahr 1825 mit der einst weltgrößten Brennblase (mit einer Kapazität von 31.500 gallons = rund 120 000 Liter!) wurde in ein Museum und in ein riesiges Visitor Centre (man könnte es auch als Trinkhalle bezeichnen) umgebaut. Weiters werden folgende Whiskeymarken in Midleton erzeugt: „Redbreast“ (Irish Pot Still Whiskey), „Midleton Very Rare“ (Jahrgangswhiskeys der alten Destillerie), „Powers“,(seit 1791, Pot Still und Blended Whiskeys), „Spot Whiskeys“ (seit über 130 Jahren, Single Pot Still Whiskeys, Blue= 8YO, Green=10YO, Yellow=12YO, Red=15YO) und in der Mikrodestillerie am Firmengelände auch der experimentelle „Method and Madness“– Whiskey.








Im Anschluss gab es direkt im Warehouse eine rasches Tasting von drei Standard Whiskeys mit dem „Jameson Irish Whiskey“, dem „Green Spot 10YO“ Single Pot Still, und dem „Readbreast 12YO“ Single Pot Still.
Wir hatten danach eine kurze Verschnaufpause samt Cocktail an der Bar, bevor auch schon unser „Premium Whiskey Tasting“ startete. Hier gab es im stilvollen Verkostungsraum folgende schöne Drams: einen „Jameson Black Barrel“ Blend, einen „Powers John’s Lane 12YO“ Single Pot Still, einen „Redbreast 15YO“ Single Pot Still und einen „Midleton Very Rare Vintage Release 2024“ Blend.


Damit nicht genug statteten wir danach der Bar nochmals einen Besuch ab. Diese ist bestens ausgestattet, jeder einzelne sich im Shop befindliche Whiskey kann (mit fachkundiger Erklärung!) verkostet werden. Dieses Angebot wird gerne von den vielen Besuchern angenommen und in diesem großen Gebäude ist auch genug Platz dafür vorhanden. Wir verkosteten noch die „Jameson Distillery Edition – Exclusive“, den „Powers John’s Lane Cask Strength“ Pot Still Whiskey und einen „Method and Madness“ Single Pot Still mit finish in französischer Kastanie, der nach Zimt schmeckte. Christian und ich waren uns einig, dass Single Pot Still Whiskeys Fassstärke brauchen, damit sie ihr Aroma voll präsentieren und uns so überzeugen können.
Am nächsten Tag schickte Sturm „Amy“ bereits ihre Vorboten in Form von Regen und Wind. Wir fuhren deshalb nicht zur Küste, sondern besuchten „Blarney Castle and Gardens“ bei Cork. Man kann die zum Teil gut erhaltene Ruine des im 15. Jahrhundert errichteten und damals üblichen „Tower House“, das ist eine Festung, die aus mindestens einem Turm besteht, besichtigen. Die Nordwand steht auf einem acht Meter hohen Steilhang aus Fels. Bekannt ist sie aber wegen des Steins, der sich ganz oben am Turm befindet und den es rücklings nach unten gebeugt zu küssen gilt. Dieser „Blarney Stone“ wird auch „Stone of Eloquence“ genannt und soll einem zu solcher verhelfen. Um seinen Ursprung reihen sich einige Mythen, man weiß aber nichts Genaues. In heutiger Zeit ist er eigentlich nur eine nette Geldeinnahmequelle. Wir hatten keine Lust darauf, uns im Regen mindestens 30 Minuten lang mit vielen anderen Touristen auf den Turm zu stauen, nur um dann ein überteuertes Foto vom Steinküssen zu erhalten. Wir besuchten lieber den wirklich sehr schönen Garten mit seinen vielen ganz unterschiedlich bepflanzten Teilen. Es gibt z.B. einen Riesenfarn-Garten und einen Himalaya-Garten, man spaziert am stolzen Blarney House, einem Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert, vorbei und kann im Pinetum viele riesige Bäume bestaunen.



Irgendwann waren wir wirklich pitschnass und versuchten uns in dem gleich nebenan befindlichen, sehr großen Geschäft für Wollprodukte aller Art samt Restaurant, der „Blarney Wollen Mill“ aufzuwärmen. Der heiße Kaffee tat gut und wir setzten unsere Reise fort. Das nächste Ziel war der noch weiter südwestlich gelegene Ort Clonakilty, in dem wir auch übernachteten. So konnten wir von unseren nach wie vor nassen Sachen in trockene wechseln.
Im Ortszentrum gibt es seit 2016 die „Clonakilty Distillery“ der Familie Scully, die seit neun Generationen eine Landwirtschaft in dieser Gegend an der Küste betreibt. Da sich die Warehouses dort an der Küste befinden, nennen sie sich im Beinamen „The Atlantic Distillery“. Die eigene Whiskeyproduktion startete 2019 mit einem dreifach destillierten Irish Pot Still Whiskey, der nach fünf Jahren Reifung seit 2024 erhältlich ist. Die verwendete Gerste kommt von ihnen selbst und aus der Nachbarschaft. Sie ist so gesehen ebenso eine farm distillery wie „Kilchoman“ auf Islay. Die Brennerei befindet sich in einem modernen Gebäude mit großer Glasfront, durch die man auf die kupferglänzenden Brennblasen sehen kann.

Die Tour durch die Brennerei ist aufwendig gestaltet mit Filmvorführungen und einer Ausstellung über die Geschichte des Ortes, ihren berühmten Persönlichkeiten, der Familie Scully und natürlich über die Ingredientien ihres Whiskeys und Gins.
Zum ersten Mal auf dieser Reise wurde uns auch die Herstellung des „Irish Pot Still Whiskeys“ genau erklärt und wir sahen einen „Lauter Tun“. Wie genau die Herstellung abläuft, werden wir euch in unserem Seminar über Irischen Whiskey erklären!




Im Anschluss an die Tour gab es für uns ein exklusives Tasting mit folgenden Whiskeys: dem „Double Oak“ (Blend aus Pot Still und Single Grain, wie alle ihre Blends!), dem „Single Pot Still“ (ihren ersten selbstgebrannten!), dem „Rivesalt Cask Finish“ (Blend), dem „Cognac Cask Finish“ (Blend) und dem „Clonakilty-fill your own- Cask Strength“ (Blend). Letzteres ließ sich Christian natürlich nicht entgehen, zumal, wie bereits erwähnt, uns Pot Still Whiskeys (auch in Blends) in Fassstärke am besten schmecken. Es war ein netter Ausklang einer sehr gelungenen Führung und einer tollen Verkostung.
Im gleichen Gebäude befindet sich ein sehr schönes und modernes Restaurant mit dem Namen „Kirbys@the Whale‘s Tail“. Der Name bezieht sich auf die Walflosse, die auf dem Platz vor dem Lokal als Skulptur zu sehen ist. Der Name ist auch Programm: es gibt köstliches Seafood!

Der nächste Tag brachte noch viel heftigeren Wind und Regen, Sturm „Amy“ war in Irland angekommen. An einen Abstecher zu den an der Küste liegenden Warehouses der Familie Scully war nicht zu denken, da die Straßen in diesen Gebieten bereits gesperrt und/oder überflutet waren. So fuhren wir im Landesinneren gen Norden. Auch dort wurde unser erstes Ziel, der „Rock of Cashel“ genau bei unserer Ankunft wegen des Sturms gesperrt. Uns blieb nur ein Blick von außen auf die mächtige Burg, die, strategisch günstig, auf einem 65 Meter hohen Felsen thront. Ihre Geschichte reicht bis in das 4. Jahrhundert zurück, der älteste erhaltene Teil ist der Rundturm aus dem 11. Jahrhundert.

In einem hiesigen Pub wärmten wir uns am Kaminfeuer mit einer kräftigen Suppe und einem dick gefüllten „Blaa“, einem innen fluffigen und außen knusprigen, weißen Brötchen, wieder auf. Der Name „Blaa“ dürfte sich vom französischen „blanc“ (=weiß) ableiten.
Danach ging es weiter nordwärts zur „Tullamore Distillery“, die uns trotz des schlechten Wetters Einlass gewährte.

Die ursprüngliche Destillerie wurde 1829 im nahe gelegenen Tullamore gegründet. 1862 begann der junge Daniel Edmund Williams dort als Stallknecht zu arbeiten und beendete sein Arbeitsleben als Eigentümer derselbigen. 1893 wurde Tullamore D.E.W. der offizielle Name des von der Destillerie produzierten Pot Still Whiskeys. Williams baute die Brennerei aus und modernisierte sie. Nach all den Problemen, die die zwei Weltkriege, die amerikanische Prohibition und der Irische Unabhängigkeitskrieg mitsamt dem britischen Handelsembargo mit sich brachten, wurde auch Tullamore 1954 in diesem Standort geschlossen. Der Whiskey wurde in anderen Brennereien aber weiterproduziert.
2010 kaufte William Grant & Sons (ja genau…die mit Glenfiddich und Balvenie!) den Markennamen und errichtete etwas außerhalb von Tullamore eine neue, große und mittlerweile nochmals vergrößerte Destillerie mit dem Namen „Tullamore“. Auch das Markensymbol, ein irischer Wolfshund, das auf den Enkel von Williams zurückgeht und dieser in den 1950er Jahren einführte, ziert wieder das Flaschenetikett.
Vor Ort gibt es einen netten Shop mit u.a. gratis Kaffee und drei Glaszylindern gefüllt mit verschiedenen Whiskeys, aus denen man sich selbst einen Blend kreieren kann.
Wir hatten eine Tour gebucht und wurden deshalb zuerst in eine gemütliche Lounge geführt, wo für uns ganz frisch ein Irish Coffee mit einem Dram „Tullamore 12YO Special Reserve“ zubereitet wurde.
Dieser „Irish Coffee“ wurde 1942 von Joe Sheridan, einem Barmann eines Flughafens an der Westküste erfunden, um den wegen schlechten Wetters gestrandeten und frierenden Fluggästen etwas Wärmendes servieren zu können. Die Zutaten sind ganz simpel Kaffee, Zucker, Whiskey und oben drauf Cream (bei uns Schlagobers).

Von dieser Lounge aus erhielten wir auch kurz einen Blick auf die schönen Brennblasen der Destillerie.

Im Anschluss an die Besichtigung wurden wir in einem kleinen Bus über das riesige Gelände (vorbei an sehr hohen Column Stills zur Grain Whiskey Erzeugung und an der hauseigenen Küferei) zu einem Warehouse gebracht. Dort drinnen durften wir einen Whiskey direkt vom Fass aus dem Copperdog verkosten…aber wir durften nicht fotografieren…


Danach ging es wieder mit dem Bus zurück zum Hauptgebäude, wo im schicken Verkostungsraum noch weitere Whiskeys auf uns warteten.

Bei der Whiskeyerzeugung spielt bei „Tullamore“ die Zahl 3 eine spezielle Rolle: ihre Whiskeys (es gibt Blends und Malts zu kaufen), sind alle 3-fach destilliert, die Blends bestehen aus den 3 verschiedenen Whiskeytypen Malt, Grain, Irish Pot Still und sie reifen in 3 verschiedenen Fasstypen (tradional refill barrels, ex-Bourbon barrels, ex- Sherry butts). Die Produktion folgt auch dem Motto „grain-to-glas“ und verwendet nur lokale Zutaten, außerdem machen sie alle Produktionsschritte selbst, also „in-house“.„Tullamore D.E.W.“ ist heute der weltweit zweitmeistverkaufte irische Whiskey nach „Jameson“.
Wir bekamen die Folgenden zum Probieren: natürlich den „Tullamore D.E.W.“ Blend, den „Tullamore D.E.W. Rum Cask finish“ Blend und den „Tullamore D.E.W. 12YO“ Blend. Mir schmeckten alle eine Spur zu süß, Christian mochte den mit Rum Cask finish. Sie sind jedoch, wie viele irische Whiskeys, perfekt auf den amerikanischen Markt abgestimmt.
Am Abend kämpften wir uns trotz des miesen Wetters in den Ort!

Wieder bekamen wir von unserem Vermieter einen wunderbaren Restauranttip: im ehemaligen Warehouse der alten Tullamore Destillerie hatte vor rund drei Jahren ein einstiger Profi-Golfer ein Restaurant eröffnet. Dass es demnach „The Old Warehouse“ heißt, liegt auf der Hand. Der äußerst stylische Innenbereich verbindet modernes Ambiente mit vielen Relikten aus der alten Brau-Zeit und macht es sehr heimelig. Das Essen war sensationell und ließ uns das grausliche Wetter komplett vergessen.


Der nächste Tag brachte uns nach Dublin zurück. Da die „Kilbeggan Distillery“ am Weg lag, statteten wir ihr nach neun Jahren wieder einen Besuch ab. Ihre Lizenz datiert mit dem Jahr 1757 und somit ist sie die älteste in ganz Irland. Sie hat, wie alle alten Irischen Destillerien eine sehr bewegte Geschichte. 1987 schließlich erwarb die Teeling-Familie die Lizenz und übernahm auch das Museum, das sich seit einiger Zeit im alten Gemäuer befand. 2007 begannen sie wieder mit der Whiskeyproduktion. 2012 kaufte Beam Suntory die Brennerei, die inzwischen die am meisten ausgezeichnete in ganz Irland war.



Da wir das wirklich sehenswerte Museum bereits bei unserem ersten Besuch besichtigt hatten, zog es uns diesmal in die für uns neue, sehr urige Bar. Da es noch Vormittag war, starteten wir mit einem Irish Coffee, dem dann aber doch ein „Kilbeggan Black“ (rauchiger Blend!) und ein „Kilbeggan Distiller’s Cask“ (Single Malt in Fassstärke) folgten. Die „Kilbeggan“-Whiskeys sind alle nur 2-fach destilliert und unsere Drams schmeckten uns (vielleicht deshalb) richtig gut.


Es gibt auch einen Shop und man kann sich hier ebenfalls eine eigene Flasche mit der nur vor Ort erhätlichen Abfüllung anfüllen.
So gestärkt, fuhren wir zurück nach Dublin, oder besser gesagt, wir stauten uns im Verkehrschaos hinein. Übrigens, Stau hatten wir sonst nirgendwo und die Iren sind sehr angenehme Autofahrer, die alle Tempolimits einhalten oder gar unterschreiten. Für manche kleinere Autobahnabschnitte sind Mautgebühren (2,30€ – 3,50€) zu entrichten, die konnten wir immer problemlos mit Karte bezahlen. An späteren Nachmittag stand noch die dritte und letzte zu besichtigende („The Dublin Liberties Distillery“ ist vorübergehend für Besucher geschlossen) Destillerie in Dublin am Programm: die „Teeling Distillery“, ebenfalls wieder im Stadtteil „The Liberties“ gelegen.

Im Erdgeschoß befindet sich ein Café und im ersten Stock die sehr große Bar samt Shop. Durch die hohe Besucherzahl herrschte dementsprechender Trubel.
Auch hier nahmen wir wieder an einer äußerst informativen Tour teil, in der man viel über die Geschichte der Whiskeyproduktion in Dublin erfährt. Bereits 1782 gab es eine „Teeling Distillery“ in diesem Bezirk, in dem damals sogenannten „Golden Triangle“ mit einigen anderen großen Brennereien. Nach fast hundert Jahren wurde sie aber von Jameson aufgekauft und ihr Name verschwand. 1989 eröffnete John Teeling die „Cooley Distillery“ an der nördlichen Ostküste nahe Dundalk und konnte diese 2011 für viel Geld an Beam Suntory verkaufen. Außerdem sicherte er sich 16 000 Fässer aus der Destillerie und mit diesen startete er 2012 die Marke „Teeling Whiskey“. 2015 sperrten dann seine Söhne Jack und Stephen die Brennerei in Dublin auf, die erste neue seit 125 Jahren! Mittlerweile besitzt Bacardi 79%, sichert aber damit den so wichtigen Zugang zum amerikanischen Markt.

Der Phoenix als Symbol für „Teeling Whiskey“ steht für die Wiedergeburt der Whiskeyproduktion in Dublin.

Die drei Kupferbrennblasen sind nach Jack’s Töchtern Alison, Natalie und Rebecca benannt. Darin wird Malt Whiskey und Pot Still Whiskey (besteht hier aus 50% gemälzter und 50% ungemälzter Gerste) gebrannt. Sie erzeugen aber auch einen Blend aus Malt und Grain Whiskey namens „Small Batch“. Der „Blackpitts“, ein 3- fach destillierter rauchiger Single Malt, dessen Rauchnote von schottischem (!) Torf stammt, die „Wonders of Wood“-Kollektion (da darf der Whiskey auch in anderen, unüblichen Holzarten reifen) und die teure „Vintage Reserve Collection“ runden das breite und innovative Angebot ab.


Nach der Tour gab es auch hier ein Tasting mit folgenden Whiskeys: dem „Teeling Whiskey Small Batch“ Blend, dem „Teeling Whiskey Single Pot Still“, dem „Teeling Whiskey Single Malt“ und dem „Blackpitts Peated Single Malt“. Als Nachschlag holten wir uns an der „Bang Bang Bar“ noch den „Pot Still Cask Strength“ (eine „Distillery Exclusive“ Abfüllung, gereift in Patagonischer Buche!) und den „Blackpitts Cask Strength“, die uns wieder einmal am besten schmeckten.

Bei all unseren Destillerie-Besuchen sind uns zwei Dinge aufgefallen: fast überall wollten sie uns weismachen, dass praktisch jeder schottische Whisky rauchig ist und wir wurden kein einziges Mal auf unser Club-Logo angesprochen. Ein Schelm, der da etwas Böses denkt…
Es folgte noch ein netter Abend und ein Stadtbummel am nächsten Vormittag, dann hieß es für dieses Mal schon wieder „Good Bye!“. „Amy“ hatte sich verzogen und unser Flug ging püntklich.
Lustig war’s bei den immer sehr redseligen und trinkfesten Iren! Wir konnten einiges über ihre Art des Whiskeymachens erfahren und ihre Destillerien mit diesen sehr schönen Visitor Centres und Bars sind auf jeden Fall einen Besuch wert! Sláinte!

