Ok, die Anreise war ein wenig mühsam, aber das ist nach einer langen Ardbeg-Nacht, die übergangslos einem langen Ardbeg-Tag folgte, zu erwarten gewesen. Mit nur ein paar Stunden Schlaf geht es mit dem Auto nach Wien zum Flughafen. Von dort nach Amsterdam und weiter nach Glasgow. 4 Stunden Aufenthalt und wir beschließen das PotStill, eines der bekanntesten Pubs der Stadt aufzusuchen. Trotz der vielen Whiskys dort, wird es nur Bier und Cider, die Nachwirkungen der letzten 24 Stunden sind noch nicht überwunden.
Am George Square sehen wir die Blumenspenden für die Toten von Manchester und London. Es sind Bilder dabei, Plüschtiere und viele schöne Worte. Die Polizei patroulliert und es ist still hier.
Schließlich müssen wir zurück zum Flughafen, der Dreamliner nach Islay wartet schon. Die QR-Codes am Mobiltelefon interessieren hier am Gate niemanden. Die meisten kennen sich persönlich, wir als erkennbare Touristen müssen unsere Ausweise zeigen.
Die Pilotin erwähnt beiläufig, dass es auf dem 20min Flug etwas unruhig werden kann und sie ihr Bestes tun wird, uns den Flug trotzdem so angenehm wie möglich zu gestalten.
Das immer wieder an- und abschwellende Geräusch der Propellermotoren deutet an, dass unser Flugzeug gegen Wind und Wolken kämpfen muss – dann ist es endlich geschafft und wir betreten heiligen Boden – wir sind auf Islay.
Ob wir schon mal auf der Insel waren will der Autoverleiher wissen, weil die Strassen hätten sich eh nicht verändert – Islay Humor. Wir fahren quer über die Insel nach Norden zur Persabus Farm, unserem Quartier für die erste Nacht. Dort erwartet uns Donald Fletcher, dessen Familie schon über 400 Jahre auf Islay eine ziemlich große Farm betreibt. Zur Begrüssung gibt’s einen Dram aus einem privaten Octomore Fass mit knapp 60% – ein exzellenter, aber heftiger Auftakt. Wir erzählen ihm von unserem Kilchoman-Fass, das wir probieren wollen, vielleicht ist es nach mehr als 10 Jahren jetzt fertig zur Abfüllung. Donald erwähnt so nebenbei sein Kilchoman-Fass, das im Gegenzug zu unserem Ex-Bourbon ein Ex-Sherry ist und von Dave Broom, der auch immer wieder Gast auf der Farm ist, in höchsten Tönen gelobt wurde. Wir beschließen spontan zumindest eine Kiste zu tauschen, wenn es soweit ist.
Es geht weiter in unser Basislager auf Islay, das Ballygrant Inn, wo die übrigen Clubfreunde, die schon vor zwei Tagen mit dem Auto angereist sind, hungrig warten.
David und Ewan haben erst vor wenigen Wochen wieder eine neue Auszeichnung für die beste Whiskybar Schottlands erhalten – kein Wunder bei aktuell 736 Abfüllungen, die man dort verkosten kann.
Als Welcome Dram serviert uns David die letzten Drams einer Privatabfüllung eines 25jährigen Macallans. Es gibt keine technischen Details dazu, aber wir sehen die Mahagonifarbe im Glas, riechen Walnüsse und Gewürzsäckchen und erleben am Gaumen eine Geschmacksexplosion mit sicher mind. 55%. Was für ein Whisky!
Es gibt viel zu erzählen über die aktuellen Ereignisse auf Islay, die verschiedenen Destillerieprojekte hier, die Menschen und natürlich über die Feis Ile, den Festivalwahn, der sich letzte Woche hier abgespielt hatte. Dazu probieren wir einige neue Abfüllungen, u.a. die Finlaggan Festivaledition (wir dürfen den Namen des Inhaltes nicht nennen, aber es ist eine Fassstärke mit Portweinfinish einer im Norden der Insel gelegenen Destillerie ;). Auch abseits der heuer 24 (!) unterschiedlichen Festivalabfüllungen tut sich Neues und wir probieren die Bunnahabhain NAS Edition Stuireadair (gälisch für Steuermann), die den aktuellen 12jährigen als getorfte Version ergänzen wird. Meer, Salz, Segeln pur – das sind die Assoziationen, die aufkommen, wenn man am Glas riecht.
Es wird spät und erst irgendwann weit nach Mitternacht haben wir genug geredet und gekostet…